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ROCK am RING 2016

As I climb through dirt and mud, I’m sinking under…”

Kaum eine Textpassage wäre bezeichnender für das Festivalwochenende in Mendig, als diese aus dem Song Until The World goes Cold von Trivium. Geschichte schreiben möchte jedes Festival – mit einzigartigen Auftritten, tollen Momenten und langjährigen Traditionen. Rock am Ring hat dieses längst geschafft, sogar einen Standortwechsel vom legendären Nürburgring hat das Festival verkraftet.   2016 bleibt RaR aber durch ein anderes Ereignis in Erinnerung – das Jahr in dem Rock am Ring zum ersten Mal vorzeitig abgebrochen werden muss. Als Besucher eines Open Air Festivals stellt man sich im Vorfeld auf diverse Wetterszenarien ein. Erfahrene Festivalgänger wissen, dass neben reichlich Sonnencreme auch Gummistiefel zum Einsatz kommen können.   Dies bestätigt die Wetterprognose, welche im Vorfeld mehrmals täglich auf rockamring.de aktualisiert wird.

Gleich freitags hole ich mir erst meinen obligatorischen Sonnenbrand beim Zeltaufbau ab, 2 Stunden später stehe ich im Ring typischen Regen vor Amon Amarth.   Ein ungewohntes Bild, so früh am Tage um 15.35 die Wikinger auf der Volcano Stage spielen zu sehen. Allerdings begeistern die Schweden das Publikum ordentlich und bieten eine starke Show inklusive Pyro, Feuer und Special Guest: eine Premiere für mich – Doro Pesch!   Im Anschluss gibt es dann das komplette Kontrastprogramm mit den Alternative Metallern von Breaking Benjamin. Mit neuem Album im Gepäck und einer längeren Auszeit hinter sich, steht die Band um kurz vor Fünf auf der Bühne und eröffnet ihr Set mit einem ihrer größten Hit So Cold. Die anfängliche Freude hält allerdings nicht lange, da die Soundqualität drastisch abgenommen hat, was selbst die Spielfreude der Jungs nicht wett machen kann.Die Gitarren sind fast nicht wahrnehmbar und das Soundgefüge bricht während des Sets immer wieder völlig auseinander – vermutlich einen Tribut den die Mischer den ungünstigen Witterungen zollen müssen.   Um kurz nach Sechs scheint hingegen wieder alles wie gewohnt zu funktionieren. Disturbed ziehen mit 10.000 Fists alle Metalheads in ihren Bann. Was eine Ausstrahlung von Frontman David Draiman. Eine richtige Rampensau, die weiß wie man ein Publikum begeistert und erobert.   Auch wenn es kurz vor Schluss noch einmal kritisch wird, da Disturbed kurzzeitig zu einer Cover Band – einer grausamen noch dazu – mutieren, beweist die Band, dass sie zurecht weit oben im Metalzirkus mitspielen.   Da sich das Wetter drastisch verschlechtert, machen wir uns zurück auf den Weg gen Media Center/ Campingplatz um frühzeitig Schutz zu suchen. Wer das Unwetter 2015 mitbekommen hat, weiß was einen erwarten kann. Und so ist es auch dieses Jahr wieder. Mehrere Menschen werden durch Blitzeinschläge verletzt und ins Krankenhaus gebracht , Campingplätze sind verwüstet und große Teile des Festival- und Campinggeländes stehen unter Wasser. Nach einer nötigen Unterbrechung führen Tenacious D ihre Show dann allerdings fort.  

Auch Volbeat spielen an diesem Abend ihre Headliner Show mit 21 Songs. Man merkt dem Publikum jedoch an, dass der Schock noch in den Knochen sitzt, dennoch heißt es bei den Meisten – Rock on!   Wir wechseln die Bühne um uns nach einer längeren Verzögerung die Mathcore Band Architects anzuschauen. Nichts für schwache Nerven und genau das richtige für unsere Ohren. Knallharte Breakdown und brutale Shouts geben sich die Klinke in die Hand. Das neue Album All Our Gods Have Abandoned Us ist gerade frisch erschienen und gleich zu Beginn startet die Band mit Nihilist, dem Opener der Platte.   Zum Abschluss des Freitages wartet die Meute nur noch auf Shinedown. Eine energiegeladene Show mit zahlreichen Hits gespickt, bringt noch den letzten Tropf Motivation aus jedem Ringrocker. Cut the Cord und Second Chance geben den Höhepunkt einer tollen Show. Kommt bald wieder! Der Samstag beginnt für uns mit einer Pressekonferenz um ca. 15.30.   Neben Marek Lieberberg finden auch Innenminister Lewentz und MLK Chef Schulberg Platz in der ersten Reihe. Neben aktualisierten Zahlen der verletzten Personen zum Vortag wird auch über eine vorzeitige Pause des Spielbetriebes informiert, da es erneut zu schweren Unwettern kommen wird.   Die Spielgenehmigung für den Sonntag steht ebenfalls auf der Kippe. Marek Lieberberg bedauert diesen Zustand, aber es liegt nicht in seiner Macht, sollten die Genehmigungen entzogen werden. Man prüfe stündlich und entscheide dann, wann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann.   Zur Freude von den Deftones geht es um 21.30 vor einem riesigen Publikum endlich weiter. Super Sound, melancholisch düstere Riffs und Gesänge – ja Deftones haben Bock und genießen die vielen Menschen vor der Bühne. Diese jedoch sind absolut zweigeteilt, freuen sich dennoch generell, dass es weiter geht!   Auf der Crater Stage reißen zeitgleich Killswitch Engage die Bühne ab. Metallcore at it’s best! Jesse Leech ist zu 100% zurück an den Vocals und mit der neuen Platte Incarnate feiert die Band tolle Erfolge. Mit Alone I und Hate By Design präsentiert die Band gleich zwei Songs der aktuellen Scheibe.   Um 23 Uhr ist es dann soweit. Showdown auf der Volcano Stage. Nach 12 Jahren spielen die Red Hot Chili Peppers bei Rock am Ring und teasern ihr kommenden Album The Gateway an. Neben allen Hits der Band spielen sie Dark Necessities und The Gateway und zeigen was die Fans 2016 erwartet. Flea lässt es sich ebenfalls nicht nehmen, neben einem Handstand, noch Mohammed Alis Tod zu würdigen und animiert das Publikum mit ihm zusammen „Ali Bombaye“ zu rufen. Erstklassige Perfomance einer grandiosen Band mit mittelklasse Sänger.   Zwischenzeitlich wechseln wir erneut die Bühne um uns die Metallcore Helden von Bullet For My Valentine zu geben. Harter Riffs und Doublebass Feuerwerk auf höchstem Niveau. Auch Sänger Matt hat zur alten Stärke gefunden, wirkte er zuletzt doch sehr aufgebraucht und müde. Dem Publikum gefällt es, kein Wunder, kann die Band mittlerweile auf eine Vielzahl von Hits zurückgreifen.   Kleine Randnotiz: Neben einer neuen, doch sehr feminin wirkenden Frisur, wechselt Matt mehrmals sein Bühnenoutfit. True Metal ist anders, auch wenn der Sound und die Songs 1A sind. Den Job an den Drums übernimmt zurzeit übrigens AxeWound Drummer Jason Bowld, da Michael Thomas derzeit bei seiner Frau und neugeborenem Baby ist. Herzlichen Glückwunsch! Letzte Band des Abends sind kurz nach Mitternacht Billy Talent, die immer wieder aufs Neue wissen, wie sie Stimmung machen können. Ob man allerdings ein Festivalset mit einem neuen und vor allem noch völlig unbekannten Song beginnen muss, ist fraglich. Das Publikum bleibt zumindest still und wirkt leicht irritiert. Doch der zweite Song beweist – es sind wirklich Billy Talent auf der Bühne. Devil In A Midnight Mass feuert direkt Adrenalin in einem los und die Pogo Aktion kann beginnen.   This Suffering, Saint Veronika, Surrender, River Below, Surprise Surprise und und und…gnadenlose 21 Songs reißt die Band ab. Gleich drei neue Songs darf das Publikum hören, aber auch hier stellt sich die Frage, ob man ein Festivalpublikum für testzwecke neuer Musik nutzen sollte.   Die noch bei den RHCP chillige Stimmung wird deutlich energiegeladener und es kommt zu reichlich Circle Pits und Pogo. Der Frust der letzten Tage entlädt sich vollkommen – allerdings nur bis ca. 3.20 Uhr. Um diese Uhrzeit betritt Marek Lieberberg die Bühne und verkündet den erstmaligen und vorzeitigen Abbruch des Festivals. Alle Besucher sind angehalten bis Sonntag 12 Uhr das Gelände zu räumen – dem Veranstalter wurde die Spielgenehmigung durch die Stadt Mendig entzogen.   Marek Lieberberg macht deutlich klar, dass dieses Vorgehen nicht in seinem Interesse ist und er sich nun den Behörden beugen muss. Hintergrund und Beweggründe der örtlichen Behörden sind die am Freitag durch Blitzeinschläge verletzten Menschen und eine erneute Gefährdung am Sonntag durch Unwetter mit Gewitter und Hagel.   Somit ist auch für uns das Festival vorzeitig beendet. Unverständnis und ein wenig Ärger wechseln sich zu diesem Zeitpunkt bei mir ab. Zum Einen erklärt sich mir um 4 Uhr morgens nicht, wie die Campingplätze bis 12 Uhr geräumt werden sollen. Ein matschiger Acker, auf dem tausende Menschen ihre Rückfahrt bestreiten sollen. Zum Anderen hätte man wie am heutigen Samstag vorgehen können und die Besucher bei drohendem Unwetter in ihre Autos schicken und sobald Entwarnung gegen ist, den Spielbetrieb wieder aufnehmen können. Open Air Festivals vereinen Musik und Camping, das Gefühl von Freiheit, bei jeder Witterung.   Man gibt acht auf sich und seinen Nächsten. Alle Szenarien sollten einem Festivalbesucher im Vorfeld klar sein – von Regen über Frost und Sonne. Ein Festival ist kein All Inclusive Urlaub. Ein Veranstalter mit 32 Jahren Festivalerfahrung und einem ebenso erfahrenem Team weiß was zu tun und wann das Publikum in Gefahr ist. Am Ende jedoch ist jeder Besucher selbst für sich verantwortlich und kann diese Verantwortung nicht automatisch bei betreten des Geländes an den Veranstalter abgeben.   Ich persönlich besuche seit 11 Jahren mehrmals jährlich Festivals. Rock am Ring begleite ich nun seit 11 Jahren und habe auch am ehemaligen Austragungsort, dem Nürburgring, starke Gewitter (2010 oder 2012) mit Blitzeinschlägen sowie Frost und Kälte erlebt. Nie ein Grund für einen Abbruch. Auch enorme Hitze hat oftmals für diverse Krankentransporte geführt. Ich erinnere mich an 2005, als wir informiert wurden, dass es zu starken Orkanböen kommt und wir unsere Zelte stärker Befestigen sollten. Die Show von Incubus wurde nach hinten verschoben, da Bühnenelemente durch den Wind hin und her geschaukelt wurden. Diese Maßnahmen waren absolut richtig und nachvollziehbar.   Durch den Abbruch wird Rock am Ring 2016 besonders in Erinnerung bleiben und uns leider auch noch eine Weile nach dem Festivalwochenende beschäftigen. Denn nun werden vermutlich Schadensersatzforderungen und diverse Versicherungsfragen auf den Veranstalter zu kommen, da nicht nur ein Festivaltag ausgefallen ist, sondern auch durch die frühzeitige Abreise deutlich mehr Müll zurückgeblieben ist.   Der Hard Radioshow hat das verkürzte Festivalwochenende dennoch gefallen und wir wissen zum Glück, dass nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird!   Rock am Ring 2017 – wieder mit uns! Stay hard….